Blasenschwäche
Blasenschwäche ist eine Erkrankung über die Betroffene verständlicherweise nicht gerne reden. Im Alltag werden die Auswirkungen einer Blasenschwäche aber schnell zur Belastung. Die Gedanken kreisen mehr und mehr darum, wo und wann die nächste Toilette zur Verfügung steht und ob es zwischenzeitlich zu einem ungewollten Harnverlust kommt. Noch dazu lässt der häufige Harndrang viele Betroffene kaum eine Nacht durchschlafen. Dies führt insgesamt zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität.
Es gibt jedoch eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, die die Ursache und Symptome einer Blasenschwäche erfolgreich beseitigen können. Voraussetzung ist allerdings die aktive Beschäftigung mit dem Thema Blasenschwäche und ein offenes Gespräch mit einem fachkundigen Arzt.
Das Nieren- und Blasensystem
In den Nieren findet permanent die Harnbildung statt. Über die Harnleiter wird der Harn in die Blase transportiert und gespeichert. Die Blase hat ein ungefähres Fassungsvermögen von 0,3 bis 0,5 Litern.
Von der Füllung der Blase merken wir solange nichts, bis ein gewisser Füllgrad erreicht ist. Dann melden Nerven, die ihren Sitz in der Blasenwand haben, dem Gehirn, dass die Blase nun voll ist. Das Gehirn sendet wiederum ein Signal zur Entleerung an die beteiligten Muskeln. Die gesamte Blasenmuskulatur wird als Detrusormuskel bezeichnet. Daraufhin zieht sich der Detrusor zusammen und drängt den Blaseninhalt in Richtung Harnröhre. Gleichzeitig entspannt sich der innere Schließmuskel und gibt den Weg frei für die Entleerung.
Ob wir wirklich Wasserlassen, hängt dann noch von den willentlich steuerbaren Schließmuskeln im Bereich des Blasenhalses ab.
Was ist Blasenschwäche?
Blasenschwäche ist die mangelnde oder fehlende Fähigkeit des Körpers, den Blaseninhalt sicher zu speichern und selbst zu bestimmen, wann und wo er entleert werden soll. Ein starker Harndrang oder ein unwillkürlicher Harnverlust sind die Folgen.
In Deutschland werden nach Schätzungen mehr als vier Millionen Frauen und Männer deswegen medizinisch betreut. Durch die zunehmende Lebenserwartung kommt dieser Erkrankung eine immer größere medizinische und gesellschaftliche Bedeutung zu. Eine Blasenschwäche kann jedoch in jedem Lebensalter auftreten.
Formen der Blasenschwäche
Dranginkontinenz
Tritt ein plötzlicher, sehr starker Harndrang einmal oder mehrmals am Tag und in der Nacht auf, der auch zu ungewolltem Harnverlust führen kann, so spricht man von einer Dranginkontinenz bzw. einer überaktiven Blase.
Entweder melden die Nerven in diesem Fall schon bei einer geringen Füllmenge, dass die Blase voll ist, oder der Blasenmuskel zieht sich plötzlich und sehr stark zusammen.
Auslöser können verschiedene Grunderkrankungen sein, wie z. B. Entzündungen der unteren Harnwege oder neurologische Erkrankungen.
Belastungs- oder Stressinkontinenz
Bei dieser Form der Blasenschwäche tritt bei körperlicher Belastung (schwerem Heben, Laufen, Husten oder Niesen) ein ungewollter Harnverlust auf.
Ursache ist eine Schwäche des Harnröhrenschließmuskels, die wiederum häufig auf eine Beckenbodenschwäche zurückgeht.
Betroffen sind meist Frauen, denn Schwangerschaften, Geburten und hormonelle Umstellungen in den Wechseljahren können die Beckenbodenmuskulatur schwächen. Auch Übergewicht kann eine Rolle spielen. Die Organe verlagern sich hierbei nach unten, besonders die Harnblase ist betroffen.
Bei Männern ist diese Form der Blasenschwäche selten. Auftreten kann sie durch eine Verletzung der Schließmuskeln, z. B. im Rahmen einer Operation.
Mischinkontinenz
Treten beide vorher genannten Formen, die Belastungs- und die Dranginkontinenz gemeinsam auf, so spricht man von einer Mischinkontinenz. Meist ist dabei eine der Formen stärker ausgeprägt.
Überlaufinkontinenz
Eine Überlaufinkontinenz ist gegeben, wenn ein unfreiwilliger Verlust kleiner Harnmengen auftritt.
Die Ursache ist meist eine Abflussstörung in der Harnröhre und/oder eine zu schwache Blasenmuskulatur. Die Blase ist daher andauernd stark gefüllt und eine Ausscheidung von Harn findet nur tröpfelnd statt.
In diesem Fall sind zumeist Männer betroffen, deren Prostata vergrößert ist und dadurch den Harnabfluss behindert.
Aber auch neurologische Erkrankungen bei Diabetes mellitus können zur Überlaufblase führen. Sehr häufig kommt es in Folge einer Überlaufblause zu einem Rückstau des Urins in die Harnleiter und die Nieren mit der Gefahr einer zunehmenden Niereninsuffizienz (Funktionsverlust der Nieren) bis hin zur Urämie (Harnvergiftung).
Reflexinkontinenz
Bei einer Reflexinkontinenz liegt eine Beeinträchtigung der Nerven zugrunde, die die Zusammenarbeit der Blasen- und Schließmuskeln regulieren. Die Betroffenen haben keine Kontrolle über die Blasenentleerung und es kann jederzeit zu einem Harnabgang kommen. Es liegt ein hoher Druck in der Harnblase vor und durch einen Verbleib von Restharn kann es immer wieder zu Entzündungen der unteren Harnwege kommen.
Die Ursachen einer Reflexinkontinenz sind Beeinträchtigungen des Nervensystems z. B. bei Morbus Parkinson, Multipler Sklerose, Querschnittslähmung, Verletzungen oder Tumoren im Rückenmark oder schwere Bandscheibenvorfälle.
Behandlung der Blasenschwäche
Ein Gespräch mit Ihrem Arzt muss Ihnen nicht unangenehm sein! Sehr viele Menschen haben eine Form der Blasenschwäche und Ihr Arzt hat dadurch täglich mit diesem Krankheitsbild zu tun. Es ist wichtig abzuklären, ob sich hinter der Blasenschwäche andere Erkrankungen verbergen wie z. B. Erkrankungen der Harn- und Geschlechtsorgane und des Nervensystems, aber auch Infektionen oder Diabetes.
In den meisten Fällen kann Ihr Arzt etwas gegen Ihre Beschwerden unternehmen und Ihnen wieder zu einem unbeschwerten Alltag verhelfen.
Wie wird eine Blasenschwäche untersucht?
Nach einer Befragung kann der Arzt die Blasenschwäche zielgerichtet untersuchen. Bei einer körperlichen Untersuchung wird Ihr Arzt die Bauch- und Beckenregion abtasten und dabei nach Auffälligkeiten an Organen und Beckenbodenmuskulatur suchen. Gegebenenfalls wird Ihr Arzt weitere Untersuchungen planen und Sie dafür möglicherweise zu einem anderen Facharzt wie einem Urologen, Gynäkologen, Neurologen oder Internisten überweisen.
Sehr aufschlussreich kann dabei ein Miktionstagebuch sein.
Miktionstagebuch: Erfassung von Trinkmengen, Toilettengängen, Harnmengen, etwaigem Harndrang und Einnässen nach Tag und Uhrzeit.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Bei der Behandlung von Blasenschwäche gibt es heute ein breites Spektrum an Therapieoptionen. Neben Medikamenten werden auch Verhaltenstrainings, physikalische Therapiemaßnahmen und operative Eingriffe mit Erfolgt eingesetzt. Je nach Form der Blasenschwäche haben die Maßnahmen verschiedene Ziele:
- Drang, Mischinkontinenz und Reflexinkontinenz
- Verringerung der Spannung der Harnblasenmuskulatur
- Steigerung des Fassungsvermögens der Blase
- Belastungs- und Mischinkontinenz
- Stärkung der Spannung der Schließmuskeln
- Überlaufinkontinenz
- Lockerung der Spannung der Schließmuskeln
- Beseitigung von Abflussstörungen z. B. durch eine vergrößerte
Prostata
Grundsätzlich gilt: Je mehr Maßnahmen eine Therapie umfasst, umso höher sind die Erfolgsaussichten!
Medikamentöse Behandlung
Eine Blasenschwäche wird je nach Form der Blasenschwäche mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt. Häufig werden bei einer Drang- oder Mischinkontinenz Anticholinergika verschrieben, die die Kontraktion des Blasenmuskels hemmen. Dadurch kann die Blase mehr Harn fassen und das Dranggefühl lässt nach, bzw. entsteht erst bei höherem Füllungsgrad. Gleichzeitig nimmt die Häufigkeit eines ungewollten Harnverlustes ab.
Anticholinergika: Sind Wirkstoffe, die den Botenstoff Acetylcholin daran hindern, im Blasenmuskel eine Kontraktion auszulösen. Anticholinergika führen zur Entspannung des Blasenmuskels.
Ist bei einer Überlaufinkontinenz eine vergrößerte Prostata die Ursache, stehen mit Alpha-Rezeptorenblockern und 5-Alpha-Reduktasehemmern zwei Wirkstoffgruppen mit unterschiedlich schnell einsetzender Wirkung zur Verfügung: Alpha-Rezeptorenblocker führen bereits nach 1-2 Wochen zu einer Erschlaffung der Muskulatur von Blasenhals, Prostata und Harnröhre und erleichtern auf diese Weise den Harnabgang. Auch 5-Alpha-Reduktasehemmer verbessern den Harnabfluss; sie greifen in den Hormonhaushalt ein und können die Größe der Prostata verkleinern.
Zudem sind bei leichten Beschwerden mehrere pflanzliche Arzneimittel wie z. B. Extrakte aus Sägepalmenfrüchten, Kürbissamen oder Brennesselwurzeln für die Behandlung einer vergrößerten Prostata verfügbar.